In knapp zwei Wochen starten in vielen Ländern die Osterferien und es ist noch nicht absehbar, wie lange die Schulen geschlossen bleiben. Was sind die nächsten Schritte an Ihrer Schule und wie bereitet sich das Kollegium auf diese Situation vor?
Ich persönlich gehe davon aus, dass die Schulen auch nach den Osterferien noch nicht vollständig öffnen werden, sondern, dass die Normalität erst langsam wieder eintritt. Je länger diese Zeit dauert, desto wichtiger wird es sein, den Kontakt zwischen den Menschen an der Schule zu pflegen. Ein System, in dem ein großer, wenn nicht der größte Teil, nur über eine gute Beziehungsebene gut funktioniert, wird diesen Aspekt zunehmend in den Blick nehmen müssen. Natürlich werden die Schülerinnen und Schüler weiterhin Aufgaben zu bearbeiten haben. Auf der anderen Seite brauchen sie aber zunehmend die Begegnung mit dem Gegenüber und ihren Lehrkräften und Lernbegleiterinnen und Lernbegleitern. Deshalb werden wir im weiteren Verlauf, den Fokus auf virtuelle Begegnungsräume legen, zum Beispiel Videokonferenzen, in denen man sich sehen und miteinander sprechen kann. Dass diese Beziehungsebene so wichtig ist, habe ich heute morgen an einem guten Beispiel erlebt. Eine Kollegin rief mich an und berichtete, dass sie allen Schülerinnen und Schülern einen persönlichen Brief in den kommenden Tagen schreiben werde und das, obwohl sie digital bestens mit ihnen vernetzt ist.
Sie haben das Glück, dass Sie mit der Ernst-Reuter-Schule im Digitalisierungsprozess schon relativ weit fortgeschritten sind. Viele Schulen, gerade im ländlichen Raum, stecken in puncto Digitalisierung noch in den Kinderschuhen und auch für die Schülerinnen und Schüler ist es nicht selbstverständlich, dass sie von zuhause aus online lernen können. Welche Tipps und Empfehlungen würden Sie anderen Schulleitungen geben, die jetzt das Thema Digitalisierung an ihrer Schule angehen wollen?
Ich glaube, das Wichtigste was Schulleitungen aber auch Lehrerinnen und Lehrer nun benötigen, ist Mut. Den Mut, neue Wege zu gehen, etwas Neues auszuprobieren und vielleicht auch mal etwas zu wagen, was man sich im „normalen“ Schulbetrieb nicht zugetraut hätte. Zu keiner Zeit war es so leicht wie jetzt, in dieser Krisenzeit, auch mal mit einer neuen Idee „scheitern“ zu dürfen. Da nun schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen, ist Pragmatismus ein guter Ratgeber. Trotzdem wird sich in einer Schule recht wenig verändern, wenn alte pädagogische Konzepte gleich wie vorher, nur in digitaler Form abgebildet werden. Jetzt ist der Moment, an dem Schulleitungen, Kollegien, Eltern und Schülerinnen und Schüler gemeinsam über zeitgemäßes Lernen vor dem Hintergrund der Digitalität nachdenken können und sollten. Das hat hat auch viel mit Haltung und Veränderungsbereitschaft zu tun und es braucht Zeit. Einen Anstoß dazu, kann diese Krisenzeit in jedem Fall geben.