veröffentlicht am 24.09.2020

Digitaler Fachdialog: Schulträger in Deutschland

von Ulrike Poremski

Am 10. September 2020 hat das Forum Bildung Digitalisierung die Expertise „Schulträger in Deutschland – Ihr Beitrag zur Gestaltung des digitalen Wandels an Schulen“ veröffentlicht. Im Rahmen eines digitalen Fachdialogs wurde die Expertise unter dem Thema „Schulträger und DigitalPakt Schule – Wie beschleunigen wir die Gestaltung des digitalen Wandels an Schulen?“ vorgestellt und diskutiert.

Schulträger fungieren als Mittler zwischen Schulen und Bildungsverwaltung und nehmen damit eine Schlüsselposition ein. Allerdings bleibt ihr Beitrag zur Gestaltung des digitalen Wandels an Schulen bislang größtenteils ungewürdigt. Diesem wichtigen  Thema hat sich das Forum Bildung Digitalisierung angenommen und die Expertise „Schulträger in Deutschland – Ihr Beitrag zur Gestaltung des digitalen Wandels an Schulen“ beim mmb Institut in Auftrag gegeben. Die Expertise bietet einen Überblick über die Handlungsrealitäten und Entwicklungsfelder von Schulträgern allgemeinbildender Schulen in Deutschland und gibt Aufschluss darüber, welchen Beitrag Schulträger in einzelnen Handlungsfeldern wie Strategie, Netzwerk oder Ausstattung und Support zur Gestaltung des digitalen Wandels leisten können und welche Unterstützung sie dazu noch benötigen. 

Herausfordernde Rahmenbedingungen und heterogene Schulträgerlandschaft

Zum Auftakt des digitalen Fachdialogs stellte Julia Hense vom mmb Institut die Expertise vor. Sie bot zunächst einen kurzen Überblick zur komplexen Schulträgerlandschaft in Deutschland. „Selten stehen Schulträger im Mittelpunkt der Betrachtung,– denn die Schulträgerlandschaft in Deutschland  ist sehr wichtig für die Digitalisierung der Schulen. Gleichzeitig ist die Schulträgerlandschaft sehr komplex”, so Julia Hense. Insgesamt gibt es mehr als 5.500 öffentliche Schulträger allgemeinbildender Schulen und weit mehr als 2.000 freie Schulträger in Deutschland. In den Bundesländern variiert die reale Aufteilung zum Teil erheblich. Die Quintessenz der Expertise: Den einen Schulträger gibt es nicht. Während es in Hamburg nur einen Schulträger für alle Schulen gibt, sind es im Landkreis Barnim 13 Schulträger, die 27 Schulen tragen. Auch agieren Schulträger unter herausfordernden Rahmenbedingungen. Diese reichen von einer anspruchsvollen geografischen Lage, über die verschiedenen Entwicklungsstände an den Schulen in Puncto digitale Infrastruktur und verschiedenen pädagogischen Konzepte, die zum Einsatz kommen bis hin zu spezifischen Förderrichtlinien im Rahmen des DigitalPakt Schule.

Schulträger haben eine Schlüsselposition für das Gelingen des digitalen Wandels

Die Schulträger nehmen einen einen zentralen Stellenwert bei der Umsetzung des Digitalpakts ein und widmen sich bei der Umsetzung zum Teil hochkomplexen Aufgaben: Sie müssen vermitteln, managen und organisieren –  in Hinblick auf die Schulen, die sie betreuen, die Verwaltung sowie dritte Institutionen wie Medienzentren. Ob eine gelingende Kommunikation in die Richtung verschiedener Stakeholder, das Management von Prozessen, die auch die Schulentwicklung berühren und ein Expertentum zur Entscheidung der Tragfähigkeit der Konzepte, die sie ausarbeiten – all dies müssen Schulträger leisten. Genau wie  Schulleitungen und Lehrkräfte haben aber auch Schulträger großen Bedarf an Unterstützungsangeboten und genau diese spezifischen Angebote, die Schulträger bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe unterstützen, stellen leider oft Mangelware dar, so Julia Hense. Eine von sieben Handlungsempfehlung aus der Expertise zur Schaffung geeigneter Unterstützungsangebote in Richtung Politik und Verwaltung sind deshalb regelmäßige, regionale Austauschformate, die sich an alle Beteiligten im lokalen Bereich richten, denn der Austausch stellt das A und O dar. Schulträgern kommt dabei die Rolle der Koordinatoren zu. Damit die Schulträger in die Lage versetzt werden können, diese zusätzliche Aufgabe zu stemmen, wäre ihre personelle und finanzielle Ausstattung eine wichtige Voraussetzung. Auf diese Weise könnte ein stetiges Netzwerk zur regionalen Schulentwicklung aufgebaut werden. 

Ein weiteres Unterstützungsangebot, das auf die Rolle der Schulträger als Mittler zwischen Schulen und Verwaltungsbehörden abstellt, wäre die Übermittlung von Hinweisen, Informationen und Beratung an Schulträger, um ihrerseits Innovationsimpulse auszulösen und Veränderungen anzustoßen. Schulträger wären als Mittler anzusehen, die weniger selbst Veränderungsprozesse gestalten, sondern diese im Austausch, beratend und als Multiplikatoren ermöglichen.

Wir dürfen Digitalisierung nicht ohne die Schulen und Schulträger denken

Im Anschluss an die Präsentation der Expertise wurde gemeinsam mit Schulträgern und Vertreter:innen aus der Politik unter der Fragestellung „Schulträger und DigitalPakt Schule – Wie beschleunigen wir die Gestaltung des digitalen Wandels an Schulen?“ diskutiert. An der Diskussion waren Margit Stumpp, Mitglied des Deutschen Bundestages und Sprecherin für Bildungspolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Christian Büttner, Leitender Direktor des Instituts für Pädagogik und Schulpsychologie Nürnberg sowie Jacob Chammon, Vorstand des Forum Bildung Digitalisierung beteiligt. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Kommunikationsberaterin Prasanna Oommen.

Das Eröffnungsstatement in der Diskussion lag bei Margit Stumpp von Bündnis 90/Die Grünen. Ihr liegt der Aspekt der Bildungsgerechtigkeit auch in Hinblick auf die Digitalisierung sehr am Herzen. Sie forderte deshalb, eine digitale Grundausstattung unabhängig von Pandemie und Digitalpakt zu ermöglichen, eine Verstetigung der Fördersummen für eine nachhaltige Begleitung an den Schule sowie langfristige Modelle für den Hybridunterricht. „Wir dürfen Digitalisierung niemals ohne die Schulen denken”, sagte Margit Stumpp. Obwohl viele Schulleitungen und Lehrkräfte bereits Enormes mit Blick auf die Digitalisierung leisten und in der Vergangenheit bereits große Hürden gemeistert haben, hängen aktuell noch viele Schulen mit der Digitalisierung hinterher. Der Digitalpakt allein kann hier auch keine Abhilfe schaffen. Die Verzahnung mit den pädagogischen Konzepten ist unabdingbar. Grund für das Hintertreffen sind auch die Schulträger, weil sie nicht genug mitgedacht werden. Aus diesem Grund müssen Schulträger künftig viel stärker als bisher berücksichtigt werden. „Für die Digitalisierung der Schulen brauchen wir starke Schulträger als Scharniere zur Bildungsverwaltung, die kreativ und engagiert die Schulen unterstützen und entlasten“, so Margit Stumpp.

Dem stimmte auch Christian Büttner zu. Als wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Digitalisierung an Schulen erachtet Christian Büttner auch ein gutes Projektmanagement und die Kommunikation und den Austausch zwischen Schulen und Schulträgern – die Vernetzung vor Ort sei essenziell wichtig. Die Belange des Schulträgers nochmal anders aufzufassen, konkret Schulträger wie multifachliche Instanzen zu verstehen, ist auch ein Ansinnen von Christian Büttner, der sich neben seiner Funktion als Leitender Direktor des Instituts für Pädagogik und Schulpsychologie Nürnberg auch als Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Bündnis für Bildung für den digitalen Wandel beim Lehren und Lernen einsetzt. Durch seine umfassende berufliche Expertise besitzt er einen ganzheitlichen Blick auf das Thema Digitalisierung in der schulischen Bildung. Für ihn ist der Digitalpakt eher ein Baustein auf dem Weg der Digitalisierung:„Nachhaltiger Wandel benötigt auch eine ganzheitliche Planung.” 

Drei Visionen für die Zukunft der digitalen Bildung an Schulen

Den Gedanken der Nachhaltigkeit griff auch Jacob Chammon, Vorstand des Forum Bildung Digitalisierung, noch einmal auf.  Am Ende des Fachdialogs richtet Jacob Chammon einen Appell an die Politik. Es gilt, überall in Deutschland den digitalen Kulturwandel voranzutreiben und nachhaltig im System zu verankern. Das System sei seines Erachtens bereit für Veränderungen, oft steht und fällt die Realisierbarkeit jedoch mit den Möglichkeiten. Für die erfolgreiche Umsetzung des digitalen Wandels an Schulen brauchen die  Schulträger mehr Unterstützungsangebote, wie auch die Expertise des Forum Bildung Digitalisierung zur Schulträgerlandschaft in Deutschland deutlich macht. Wenn diese Unterstützungsangebote angenommen werden, können auch Jacob Chammons drei Visionen für die Zukunft der digitalen Bildung wahr werden. Erstens wünscht sich Jacob Chammon für die digitale Bildung an Schulen, dass an den Schulen die Mittel aus dem Digitalpakt vorhanden sind. Dass gute pädagogische Konzepte zum Einsatz kommen, ist sein zweiter Wunsch und last but not least: Fragen zum Datenschutz müssen geklärt sein, damit sich die Lehrkräfte auf ihre Kernaufgaben und die pädagogische Arbeit konzentrieren können.