Veranstaltungsbericht | veröffentlicht am 31.05.2020

Schulträger Lab: Gemeinsam Ziele definieren

von Klaus Lüber

Am 20. Mai 2020 fand der Auftakt zu den Schulträger Labs, dem neuen Format des Forum Bildung Digitalisierung, statt. In einer Reihe von Online-Workshops sollen Schulträger bundesweit dabei unterstützt werden, gemeinsam mit ihren Schulen den pädagogisch sinnvollen Einsatz digitaler Medien zu planen und umzusetzen.

Foto: Phil Dera / CC BY 4.0

Im deutschen Bildungssystem kommt den Schulträgern eine zentrale Rolle zu. Hier werden die Bedarfe der Schulen ermittelt, Gelder zugewiesen und bildungspolitische Rahmenbedingungen auf kommunaler Ebene gestaltet. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die im Zuge des DigitalPakt Schule noch herausfordernder geworden ist. Endlich stehen die Mittel zur Verfügung, Schulen auf neue Formen des digital unterstützten Lernens vorzubereiten. Doch der Einsatz von Technik ist kein Selbstläufer. Er muss gut geplant und umgesetzt, grundlegende pädagogische Entscheidungen zusammen mit Entscheidungen über die technische Ausstattung in enger Zusammenarbeit mit den Schulen getroffen werden.

Hier setzt das Forum Bildung Digitalisierung mit den Schulträger Labs an, einem Format, das öffentlichen und privaten Schulträgern aus unterschiedlichen Bundesländern die Möglichkeit geben soll, sich zu vernetzen, gemeinsame Handlungsfelder zu definieren und Lösungsansätze zu erarbeiten. „Es war uns wichtig, auch einmal die Perspektive der Schulträger in den Fokus zu rücken. Ich denke, viele sind gerade dabei, ihre Rolle neu zu definieren. Dabei wollen wir sie unterstützen“, so Jacob Chammon, Vorstand des Forum Bildung Digitalisierung. 

Am 20. Mai 2020 fanden sich rund 25 Vertreter*innen von Schulträgern aus sieben Bundesländern zur Auftaktveranstaltung des neuen Formats zusammen. Eigentlich waren zwei Workshop-Tage geplant, im Zuge der Corona-Krise hatte man sich dafür entschieden, einen Online-Workshop zu organisieren und diesen auf drei Stunden intensiven virtuellen Austausch zu verdichten. Die meisten Teilnehmenden kamen aus Nordrhein-Westfalen, Berlin und Brandenburg, aber auch Sachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Baden-Württemberg waren vertreten. Die Erfahrungen aus dem Kooperationsprojekt „Schule und digitale Bildung“ im Kreis Gütersloh, bei dem sich neben Akteur*innen der Bildungsregion Kreis Gütersloh und der Reinhard Mohn Stiftung auch die Bertelsmann Stiftung – eine der acht Mitgliedsstiftungen des Forum Bildung Digitalisierung – engagiert, haben einen Einblick in das Thema Digitale Schule in der Bildungsregion gegeben und dienten im weiteren Verlauf des Workshops als erste Orientierungshilfe bei der Erarbeitung von Lösungsvorschlägen.

Um trotz der knappen Zeit schnell in Themenfindung und Austausch zu kommen, wurde das Format bewusst als experimentelle Arbeitsumgebung, als sogenanntes Lab, konzipiert. In unterschiedlichen virtuellen Konferenzräumen wurde neben einem digitalen Abstimmungstool vor allem auch ein digitales Whiteboard genutzt, um Arbeitsergebnisse zu visualisieren und gemeinsam zu bearbeiten. 

Engere Zusammenarbeit mit Schulen  

Ausstattung, Support und Datenschutz waren dann – passend zu den Kernaufgaben von Schulträgern im Kontext der Digitalisierung – genau diejenigen Themen, die die Teilnehmenden des Schulträger Labs im Rahmen einer Umfrage zu den Bedarfen von Schulträgern als Hauptherausforderungen angaben. Konkreter wurde es dann in einzelnen Arbeitsgruppen, in denen man sich zum Beispiel darüber austauschte, wie die Kommunikation mit Schulen besonders im Hinblick auf eine gemeinschaftliche Medienentwicklungsplanung verbessert werden könnte, um auch die aus dem Digitalpakt bereitgestellten Mittel wirkungsvoller einsetzen zu können. Das hektische Anschaffen von Hardware, so war zu hören, sei zwar verständlich, aber ohne ein durchdachtes pädagogisches Konzept wenig zielführend. Oft seien die Wünsche größer als die Bedarfe. Hinzu kämen die spezifischen Eigenheiten jeder einzelnen Schule. Und so werde im ungünstigsten Fall viel Zeit und Energie in die Entwicklung eines Konzeptes investiert, das sich so vielleicht überhaupt nicht umsetzen ließe. Ein Ausweg könnte ein agiler Prozess der Medienentwicklungsplanung von Schulen und Schulträgern sein, wie er auch im Kreis Gütersloh praktiziert wird.

Technische Ausstattung ist Schulentwicklung

Deutlich erkennbar war auch der Wunsch, die eigene Rolle als Schulträger neu zu definieren und verstärkt mit den Schulen in den Austausch über pädagogische und didaktische Fragestellungen zu gehen. Interessanterweise war damit nicht etwa gemeint, den Fokus von der Frage der technischen Ausstattung zu nehmen, sondern den Prozess anders zu organisieren. „Technische Ausstattung ist Schulentwicklung“, hieß es in einer Arbeitsgruppe. Indem man den Schulen den Zugriff auf digitale Lösungen ermögliche, schaffe man überhaupt erst die Voraussetzung für die Erarbeitung eines durchdachten Medienkonzepts. „Wir statten nie eine Schule ganz aus, sondern tasten uns Stück für Stück heran. Nach dem Prinzip erproben, evaluieren, einführen“, berichtete die Vertreterin einer Schulaufsicht aus Berlin.

Wunsch nach Standards

Die Frage nach der Ausstattung führte zu einem weiteren spannenden Diskussionspunkt. Da Schulträger sich in der Regel mit einer hohen Diversität an Schulen und deren jeweils individuellen Bedarfen konfrontiert sehen, ist der Wunsch nach Standards groß. Im Rahmen des Gütersloh-Projekts konnte man sich nach langen, zähen Verhandlungen tatsächlich auf eine einheitliche Vorgehensweise einigen und Standard-Klassenräume definieren, wie ein Schulträger aus der Region berichtete. Viele Teilnehmenden des Schulträger Labs sahen sich hier allerdings ganz am Anfang. Oftmals scheitere eine professionelle technische Betreuung der Schulen schon an der mangelhaften Dokumentation bestehender Ausstattung. Auch beim Thema Leasing von digitalen Endgeräten war der Informationsbedarf groß, samt der etwas ernüchternden Erkenntnis, dass wirklich bedarfsgerechte Lösungen noch nicht so recht in Sicht sind.

Deutlich wurde auch: Die Schulen brauchen Unterstützung. Ohne intensiven Austausch komme man nicht mehr weiter, berichtete die Vertreterin eines Schulträgers aus Schleswig-Holstein. „Wir betreuen unsere Schulen wirklich sehr intensiv. Viele Lehrkräfte sind immer noch relativ hilflos, was die Einsatzmöglichkeiten digitaler Tools angeht.“ Schlagworte wie Schule der Zukunft, Lerninseln, Gruppenarbeit – all das sei für viele Schulen im Augenblick noch nicht umsetzbar. „Wir sehen unsere Rolle hier in der Vernetzung verschiedener Akteur*innen, im Community Building möglichst über alle Schulen hinweg, um überhaupt erst einmal einen Raum zu schaffen, in dem man über solche Konzepte diskutieren kann.“

Gemeinsame Vision

Mindestens ebenso präsent wie eine erste konstruktive Diskussion zu Ausstattungs- und Supportfragen war am Ende der ersten Workshop-Runde die Erkenntnis: Ohne eine übergreifende Handlungsstrategie, die sämtliche Akteur*innen einer Bildungsregion oder Kommune einbezieht, werden sich aktuelle und kommende Herausforderungen kaum bewältigen lassen. Der Bedarf an Lösungen war groß: In der dieses Themenfeld abdeckenden Arbeitsgruppe „Vision und Strategie“ hatten sich die meisten Workshop-Teilnehmenden versammelt.

Mittels konkreter Kooperationsvereinbarungen, so ein Schulträger aus der Region Gütersloh, habe man es tatsächlich geschafft, sämtliche Entscheider*innen der Bildungsregion an einen Tisch zu bringen. Das sei zwar extrem langwierig gewesen, habe aber dazu geführt, dass man am Ende ein Format etabliert hatte, in dem tatsächlich strategische Grundentscheidungen getroffen werden konnten – beispielsweise über ein gemeinsames pädagogisches Leitbild. Solange nicht allen Beteiligten – dem Land, der Schulaufsicht, dem Schulträger, den städtischen IT-Beauftragten, den Medienberater*innen sowie den Schulen, Schüler*innen bis hin zu den Eltern – klar sei, welchen Weg man gehen wolle, könne man keinen wirklichen Fortschritt erzielen.

Ausblick: Lösungen nutzbar machen

Bis zur Sommerpause haben die Teilnehmenden des Schulträger Labs die Gelegenheit, in Arbeitsgruppen an den Themen Strategie und Vision sowie Ausstattungs- und Supportmanagement weiterzuarbeiten und noch intensiver in den Austausch zu kommen. Dazu wird im Juni/Juli zu beiden Themenschwerpunkte ein moderiertes Arbeitsgruppentreffen stattfinden. Ziel dabei soll es auch sein, Hilfestellungen, die im Rahmen des Gütersloh-Projekts erarbeitet wurden – etwa Kooperationsvereinbarungen zwischen den handelnden Akteur*innen in einer Bildungsregion oder Kommune, Matrizen zur Bestandsaufnahme oder Konzepte für Formate erfolgreicher Governance wie Runde Tische – gezielt in den Arbeitsprozess einzubringen und eine Reflexion in den eigenen Arbeitskontexten zu ermöglichen. Im Rahmen eines gemeinsamen Workshops Ende September sollen die Ergebnisse dann zunächst intern und im letzten Schritt als Programmbeitrag der Konferenz Bildung Digitalisierung 2020 am 19. und 20. November vorgestellt und für weitere Schulträger zugänglich gemacht werden.