Pressemitteilung
Smartphone-Nutzung an Schulen: Orientierung in einer aufgeladenen Debatte

Die Debatte um ein Smartphone-Verbot in der Schule prägt derzeit den bildungspolitischen Diskurs. Mit einem Orientierungspapier zur Smartphone-Nutzung an Schulen bietet das Forum Bildung Digitalisierung einen Überblick zur aktuellen Rechtslage in den Bundesländern und ausgewählten Ländern im internationalen Vergleich. Die Publikation unterstützt Akteur:innen in Politik, Verwaltung und Schulpraxis mit einer Einordnung der wissenschaftlichen Studienlage, Praxisbeispielen und Handlungsempfehlungen von Schüler:innen dabei, verantwortungsvolle Lösungen für die Nutzung von Smartphones in der Schule zu finden.
Berlin, 03.07.2025. Smartphones in der Schule – ja oder nein? Trotz vielfältiger bildungspolitischer Herausforderungen dominiert ein mögliches Smartphone-Verbot in der Schule den bildungspolitischen Diskurs der vergangenen Monate. Ausgelöst wurde diese Debatte auch durch neue Studien, die zunehmende psychische Belastungen und ein riskantes Social-Media-Nutzungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen feststellen. Mittlerweile geht die öffentliche Diskussion weit über die Nutzung von Smartphones an Schulen hinaus, vermischt verschiedene Themen miteinander und stellt zum Teil die digitale Transformation von Schule insgesamt infrage.
Das Orientierungspapier „Smartphone-Nutzung an Schulen“ soll zur Versachlichung der mitunter aufgeladen geführten Debatte beitragen. Es wirft ein Schlaglicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Smartphone-Verboten auf Lernprozesse und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Prof. Dr. Katharina Scheiter, Professorin für Digitale Bildung an der Universität Potsdam, kommentiert die uneindeutige Studienlage aus wissenschaftlicher Perspektive. Anschließend bietet das Orientierungspapier eine Übersicht über die unterschiedliche Rechtslage in den Bundesländern und ordnet diese im internationalen sowie im schulpraktischen Kontext ein. Eine Fokusgruppe aus Jugendlichen hat zudem Handlungsempfehlungen entwickelt, die Akteur:innen aus Schulpraxis sowie Bildungspolitik und -verwaltung wichtige Hinweise für Regelungen im Schulalltag geben.
Ralph Müller-Eiselt, Vorstand des Forum Bildung Digitalisierung, sagt: „Klare Regeln für Smartphones an Schulen sind wichtig. Doch pauschale Verbote sind keine hinreichende Lösung. Smartphones aus der Schule zu verbannen, erlöst Lehrkräfte und Eltern nicht von der Aufgabe, Kindern und Jugendlichen einen kritisch-reflektierten Umgang mit diesen Geräten zu vermitteln.” Er warnt außerdem: „Keinesfalls darf die Smartphone-Debatte dazu führen, die dringend nötige digitale Schul- und Unterrichtsentwicklung generell auszubremsen.”
Was Schulen bei der Smartphone-Regulierung beachten müssen
Schulen brauchen Rechtssicherheit, um den Umgang mit Smartphones im Schulalltag angemessen organisieren und kontrollieren zu können. Verständliche rechtliche Rahmenbedingungen stiften Orientierung für Schulen, Lehrkräfte, Eltern und Schüler:innen. Aus der Analyse der Rechtslage ergibt sich für die Schulpraxis aktuell folgendes Bild:
- Uneinheitliche Smartphone-Regulierung: Die Smartphone-Regelungen sind in den Bundesländern aktuell sehr uneinheitlich. Sie reichen von einem grundsätzlichen Verbot der privaten Smartphone-Nutzung an Grundschulen und weiterführenden Schulen bzw. nur an Grundschulen (fünf Bundesländer) über die Verpflichtung für Schulen, individuell verbindliche Regelungen zu treffen (drei Bundesländer), bis hin zur Nichtregulierung in den übrigen acht Bundesländern, die den Schulen den Umgang mit dem Thema selbst überlassen.
- Regelungsebenen in den Bundesländern variieren: Die Smartphone-Nutzung kann auf unterschiedlichen Ebenen geregelt sein – durch das Schulgesetz, eine Rechtsverordnung oder die Hausordnung der einzelnen Schule. Schulgesetze und Rechtsverordnungen gelten landesweit, Hausordnungen werden von den Schulen eigenständig mit Schüler:innen und Eltern vereinbart.
- Begrenzte Eingriffsmöglichkeiten: Schulen dürfen festlegen, wann und wie Smartphones genutzt werden dürfen. Bei Verstößen ist es erlaubt, das Gerät zeitweise – in der Regel bis zum Ende des Schultags – einzuziehen. Ein dauerhaftes Wegnehmen wäre ein Eingriff in das Eigentumsrecht der Schüler:innen und nicht zulässig.
- Grundrechte beachten: Lehrkräfte dürfen weder Schultaschen durchsuchen noch Inhalte auf privaten Smartphones einsehen, da dies die Grundrechte der Schüler:innen verletzen würde.
- Der Begriff „Smartphone-Verbot“ ist irreführend: Ein Verbot bedeutet in der Praxis meist keine Mitnahmeverbote. Vielmehr geht es um die Kontrolle und Begrenzung der Nutzung während des Schultags, nicht um den generellen Ausschluss digitaler Geräte.
- Digitale Teilhabe ist ein Kinderrecht: Ein generelles Verbot privater Smartphones wäre kritisch im Hinblick auf die UN-Kinderrechtskonvention. Artikel 17 sichert Kindern und Jugendlichen das Recht auf Zugang zu Informationen und digitalen Medien zu.
Das Orientierungspapier finden Sie hier zum Download:
Download PDFDer Umgang mit Smartphones in Schulen wird am 1. September 2025, 16:00 bis 17:30 Uhr auch in einer Online-Veranstaltung in der Reihe Spotlight BD diskutiert. Zu Beginn hält Nele Hirsch, Pädagogin und Gründerin des eBildungslabor, einen einleitenden Vortrag mit pädagogischen Impulsen zur Debatte um Smartphone-Verbote in der Schule. Im Anschluss diskutieren wir mit Quentin Gärtner, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Katharina Scheiter, Professorin für Digitale Bildung an der Universität Potsdam, sowie Vertreter:innen aus Politik und Schulpraxis über die Frage, wie es gelingt, einen produktiven Umgang mit Risiken der Nutzung von Smartphones bei Kindern und Jugendlichen zu finden, Medienkompetenz zu fördern und die digitale Schul- und Unterrichtsentwicklung voranzubringen.
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Das Forum Bildung Digitalisierung setzt sich für die gelingende digitale Transformation des Schulsystems ein. Uns leitet das Ziel einer chancengerechten Bildung, die allen Kindern und Jugendlichen eine aktive Teilhabe an der digital geprägten Gesellschaft ermöglicht. Dazu bauen wir Brücken und fördern den lösungsorientierten Austausch zwischen Schulpraxis, Politik und Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Wir stiften Orientierung zu aktuellen Herausforderungen der Bildungssteuerung und Schulentwicklung in der Kultur der Digitalität. Und wir bieten skalierbare Praxislösungen für systemische Bedarfe wie die Qualifizierung oder Zusammenarbeit von Schulleitungen, Schulträgern und Schulaufsichten.
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