Nils Weichert stellte fest, dass das pädagogische Potenzial der Digitalisierung bisher nicht erkannt werde, und forderte ein ganzheitliches digitales Workout, um Schulen fit für die digitale Zukunft zu machen. Bardo Herzig betonte vor allen Dingen den qualitativen Mehrwert, den die digitale Bildung für die Schule der Zukunft biete, so entstünden völlig neue Lernaktivitäten, die vorher nicht möglich waren. Zudem bezeichnete er die Entlastung für Lehrkräfte durch die Bereitstellung von Lehrmaterial als OER (Open Educational Resources) als Vorteil der Digitalisierung. Gleichzeitig schränkte er ein, dass durch digitale Medien nicht automatisch auch bessere Ergebnisse von Schülerinnen und Schülern erzielt werden. Wichtig sei es, auch die Methodik und Didaktik auf digitale Medien auszurichten.
Sylvia Löhrmann wies darauf hin, dass es nicht zielführend sei, nur der Politik den schwarzen Peter zuzuschieben. Es gäbe keine Stunde Null der Digitalisierung, bei der die Politik an den Schulen ansetzen könne. Sie forderte zudem, dass man bei all dem nicht vergessen dürfe, auch alle Lehrkräfte mitzunehmen und Ängste vor einem möglichen Kontrollverlust angesichts der vielen neuen Medien gerade bei älteren Lehrkräften abzubauen, die eine andere Ausbildung erfahren hätte. Es müsse ein Konsens zur Veränderungsbereitschaft an den Schulen geschlossen werden, um so das gesamte Kollegium mitzunehmen.
Nach einem weiteren Podium zum Thema „Wandel der Arbeit in der digitalen Zukunft: Wohin geht die Reise in den Institutionen unseres Weiterbildungssystems?“ und der Mittagspause ging es in die spannende Workshop-Phase. Wir haben den Workshop „Digitale Lernkonzepte in der Praxis“ von Anne Lieder und Philipp Lange besucht, beide Lehrkräfte an einer unserer Werkstattschulen: der Voltaireschule Potsdam. Die Voltaireschule ermöglicht mit verschiedenen digitalbasierten Freiarbeitskonzepten neue Zugänge und trainiert zugleich übergeordnete Kompetenzen wie Selbstorganisation und Selbstmotivation. In Kleingruppen haben wir von Schülerinnen und Schülern der Schule das innovative Unterrichtskonzept GeschICHte vorgestellt bekommen und spannende Einblicke erhalten – nicht nur in die Praxis, sondern auch darüber, wie das Projekt bei den Schülerinnen und Schülern ankommt.
Es war spannend zu sehen, dass sowohl Schülerinnen und Schüler als auch die Lehrkräfte von GeschICHte begeistert und überzeugt waren, ohne dabei aber auftretende Schwierigkeiten und Grenzen zu verkennen. In der regen Anschlussdiskussion mit den Workshop-Teilnehmenden wurden auch kritische Fragen gestellt, etwa ob für die Lehrkräfte dadurch nicht ein erheblicher Mehraufwand entstehe, oder es wurde eingewandt, dass unser aktuelles Verfahren bei Prüfungen und Benotung mit derartigen Konzepten nicht konform gehe. Einwände, die zwar auch die Lehrkräfte Anne Lieder und Philipp Lange teilten, dennoch riefen beide gleichzeitig zu einem grundsätzlichen Kulturwandel auf. Mit dem Einzug digitaler Bildung in den Schulalltag müssten sich langfristig auch die Prüfungskonzepte an den Schulen ändern, denn Noten spiegelten heute kaum noch wider, welche Kenntnisse und Fähigkeiten die Schülerinnen und Schüler wirklich besäßen. Auch die Rolle von Lehrkräften müsse dabei hinterfragt werden.
Die positiven Wortmeldungen überwogen jedoch auch in der Diskussion. Eine Workshop-Teilnehmerin merkte etwa an, dass besonders der heutige Geschichtsunterricht kaum noch Geschichtsbewusstsein vermittle. Ein Konzept wie GeschICHte sei deshalb ideal, um ein solches Bewusstsein wieder stärker in den Schülerinnen und Schülern zu fördern. Eine Einschätzung, die auch die anwesenden Schülerinnen und Schüler teilten.